Social Media für Unternehmen: Intern besetzen oder auf Experten setzen?

Was sind die Vorteile Social Media komplett In-House zu betreiben? Kann man sich mit externer Hilfe kosten sparen? Kann ein externer Partner überhaupt authentisch Social Media für mein Unternehmen machen?

Kurzfassung

Es gibt keine pauschal richtige Lösung. Ein Inhouse-Team überzeugt durch tiefes Markenverständnis, schnelle Abstimmungen und Kulturfit. Agenturen punkten mit Spezialwissen, Skalierbarkeit und frischen Benchmarks. In der Praxis funktioniert oft ein Hybrid-Setup am besten: intern steuern, extern spezialisieren. Unten findet ihr eine kurze Checkliste, mit der ihr in 15 Minuten eine belastbare Tendenz bestimmen könnt.

Warum dieses Thema (jetzt)?

Social Media ist von „nice to have“ zur geschäftskritischen Infrastruktur geworden. Markenwahrnehmung, Recruiting, Kundenservice und Performance-Marketing greifen hier ineinander. Gleichzeitig steigen die Anforderungen: Kurzvideo-Produktionen, Creator-Management, Social SEO, Paid-Mechaniken und Datenkompetenz fordern breit aufgestellte Skills. Die Entscheidung „einstellen oder auslagern?“ hat direkte Auswirkungen auf Tempo, Qualität, Kosten – und den Fokus eurer Organisation.

Option 1: Inhouse-Social-Media-Manager:in

Typische Aufgaben

Eine interne Social-Media-Verantwortung steuert den gesamten Redaktionsprozess: von der Strategie über die Themenplanung bis hin zur Veröffentlichung und dem Community-Management. Sie entwickelt kanal- und zielgruppenspezifische Content-Formate, sorgt für konsistente Tonalität und erstellt Freigabe- sowie Krisenprozesse. Im Tagesgeschäft beantwortet sie Kommentare und Nachrichten, koordiniert Stakeholder aus Produkt, HR, Vertrieb und Support, setzt Reportings auf (z. B. Reichweite, Engagement, Leads, CAC, ROAS) und übersetzt Insights in konkrete Optimierungen. Bei Bedarf orchestriert sie externe Partner – etwa für Video-Produktionen, Paid-Kampagnen oder Spezialanalysen.

Kosten

Aktuelle Richtwerte (DACH, Stand: heute)

  • Intern: Ø 40.700 € Gehalt + 22 % Lohnnebenkosten ⇒ ca. 49.654 € p. a. (ohne Tools/Weiterbildung).


Hinzu kommen 3–4k€ für Tools (Planung, Analyse, Asset-Management) sowie 1–3 k€ für Fortbildungen. Grob ergibt das 5.000€ pro Monat und eine Aufbauphase, bis die volle Wirkung einsetzt.

Vorteile

Markenverständnis: Eine interne Person erlebt Kultur, Produkte und Kundenerwartungen täglich aus erster Hand. Dadurch entstehen Inhalte, die feine Nuancen der Marke abbilden und sich organisch in bestehende Prozesse einfügen.
Schnelle Wege: Ohne Agentur-Schnittstellen sind Briefings kürzer, Feedbackschleifen direkter und spontane Posts – etwa bei Produkt-News oder Employer-Branding-Themen – schneller live.
Kulturfit & Ownership: Wissen bleibt im Unternehmen. Das Team identifiziert sich stärker mit Ergebnissen, baut Know-how nachhaltig auf und wird unabhängiger von externen Dienstleistern.

Nachteile

Ressourcenlimit: Eine einzelne Person kann selten Strategie, Copy, Design/Editing, Performance-Ads und Analytics gleichzeitig auf hohem Niveau leisten. Priorisierung wird zur Daueraufgabe.
Fixkosten & Risiko: Gehalt, Weiterbildung und Tool-Landschaft fallen dauerhaft an. Bei Ausfall oder Wechsel entsteht eine spürbare Lücke, die sich nicht sofort schließen lässt.
Know-how-Drift: Ohne regelmäßige Weiterbildung veralten Best Practices schnell – insbesondere in Paid-Mechaniken und Plattform-Änderungen.

Verdeckte Kostenfaktoren

Der Aufbau braucht Zeit: Onboarding und internes Networking dauern häufig 3–6 Monate, bis die volle Wirkung sichtbar wird. Zusätzlich entstehen Kosten für Planungstools, Asset-Verwaltung, Social Listening und Analyse. Nicht zu unterschätzen ist der interne Koordinationsaufwand – etwa für Produktdemos, Jurist:innen-Freigaben oder das Einbinden von Führungskräften in Thought-Leadership-Formate.

Option 2: Inhouse-Social-Media-Manager:in

Leistungsumfang

Agenturen decken meist die komplette Wertschöpfung ab: Sie entwickeln die Strategie, richten Kanäle ein, übernehmen Redaktionsplanung, Produktion (Foto/Video), Copywriting und Design sowie das Management von Creator:innen und UGC. Im Performance-Bereich planen und optimieren sie Paid-Kampagnen, richten Tracking und Reporting ein und liefern Benchmarks sowie Social-Listening-Insights. Bei Bedarf stellen sie Krisen-Playbooks bereit und unterstützen bei internationalen Roll-outs.

Kosten

Extern: ab 2.500 € pro Monat (Retainer) ⇒ ab ca. 30.000 € p. a.; Media-Budgets/Produktionen kommen i. d. R. hinzu.


Agentur (Retainer): Üblich sind 3–8 k€ pro Monat für Strategie, Content, Community und Reporting; zusätzliche Produktion oder Media-Budgets kommen oben drauf. Grob entspricht das 36–120 k€ p. a. bei hoher Flexibilität.

Vorteile

Breite & Tiefe: Durch Teams aus Spezialist:innen erhaltet ihr State-of-the-Art-Know-how in Strategie, Kreation, Bewegtbild, Performance und Analytics – ohne jedes Profil einzeln einstellen zu müssen.
Skalierbarkeit: Umfang und Tempo lassen sich flexibel hoch- oder herunterfahren – projektbasiert, im Retainer oder hybrid. Das ist besonders hilfreich bei Launches oder saisonalen Peaks.
Best Practices & Perspektivwechsel: Agenturen bringen Erfahrungswerte aus anderen Branchen mit, testen kontinuierlich neue Formate und liefern frische, datenbasierte Impulse.

Nachteile

Einarbeitung: Bis Tonalität und Produktdetails sitzen, braucht es Zeit – gerade bei komplexen oder technischen Angeboten. (Wir haben ein System entwickelt, das die Einarbeitungszeit um 70% reduziert.
Kommunikation & Geschwindigkeit: Mehr Beteiligte bedeuten mehr Abstimmung. Ohne klare SLAs und Freigabeprozesse können Deadlines ins Rutschen geraten.
Kostenstruktur: Neben dem monatlichen Honorar fallen oft Zusatzkosten für Produktionen, Creator-Fees und Reisekosten an – die Budgetplanung muss das berücksichtigen.

Verdeckte Kostenfaktoren

Auch mit Agentur bleibt ein interner Aufwand: Jemand muss priorisieren, briefen, Assets bereitstellen, Feedback geben und Entscheidungen herbeiführen. Zudem können Vertragslaufzeiten und Mindestabnahmen die Flexibilität in ruhigen Phasen einschränken.

Option 3: Hybrid-Modell (oft die beste Wahl)

Ein hybrides Setup kombiniert Markennähe und Geschwindigkeit mit Spezial-Know-how und Skalierbarkeit. In der Praxis ist das häufig die wirkungsvollste und risikoärmste Lösung: Die Marke bleibt konsistent, Learnings entstehen schneller, Kapazitäten lassen sich flexibel steuern – und die Kosten pro Ergebnis (z. B. CPL/CAC/ROAS) werden planbarer.

Inhouse Lead + Agentur-Spezialisten

Eine interne Leitung hält Markenführung, Tonalität und Prioritäten zusammen. Sie bündelt Wissen, priorisiert Themen, steuert Freigaben und verantwortet die Ziele. Die Agentur liefert skalierbare Produktion, Paid-Expertise und Creator-Programme – inklusive Tests, Benchmarks und operativer Schlagkraft. So bleibt die Markenidentität stabil, während Output und Qualität wachsen.

Content intern, Media extern

Die Nähe zur Marke sorgt intern für authentische Stories, Zugang zu Protagonist:innen und schnelle Reaktionszeiten. Die Agentur stellt sicher, dass Distribution, Targeting und Optimierung die Inhalte effizient vor relevante Zielgruppen bringen: sauberes Tracking, durchdachte Kampagnen-Setups, laufende Kreativtests und klare Reporting-Rhythmen. Ergebnis: weniger Streuverluste, mehr messbare Wirkung.

Agentur-Setup → später Inhouse (empfohlener Start)

Als Startpunkt besonders bewährt: erst eine Agentur beauftragen, die Strategie, Workflows, Templates und Dashboards aufbaut – und anschließend den/die interne:n Social-Media-Manager:in aufbaut und einlernt. Die Agentur definiert Brand Voice und Guidelines, richtet Redaktions- und Freigabeprozesse ein, schafft Asset-Templates, setzt Accounts und Events korrekt auf (Tracking), etabliert Dashboards und ein Hypothesen-/Experiment-Framework. Nach 1–2 Quartalenübernimmt eine interne Person Schritt für Schritt: zuerst Shadowing, dann Co-Ownership, schließlich Own. So wird Wissen strukturiert übertragen, Ramp-up-Zeiten verkürzen sich deutlich, und das Unternehmen wird nachhaltig eigenständig – ohne auf externe Tiefe verzichten zu müssen.

Projektbasiert

Bei Launches, Events oder Krisen kann die Agentur temporär aufgestockt werden, während die Basisarbeit intern stabil weiterläuft. Das Team bleibt handlungsfähig, ohne dauerhaft fixe Kapazitäten vorzuhalten. Besonders sinnvoll, wenn Saisonalität oder Kampagnen-Peaks den Bedarf schwanken lassen.


Empfohlener Einstiegspfad (Best Practice)

  1. Agentur auswählen: Briefing, Ziele/KPIs, Rollen & SLAs klären.

  2. 90-Tage-Build: Strategie, Workflows, Redaktionssystem, Paid-Setups, Tracking, Dashboards, Testplan.

  3. Hiring intern: Profil definieren (Schwerpunkt Content/Community), Auswahl gemeinsam mit der Agentur; Start als „Shadow“.

  4. Handover (6-8 Wochen): Pairing-Sessions, SOPs, Playbooks, Qualitätskriterien; Übergang zu Co-Ownership/Own.

  5. Hybrid verstetigen: Agentur bleibt für Spezialthemen (Paid/Video/Creator, Peaks) und für regelmäßige Innovations-Impulse an Bord.

Vergleich auf einen Blick
Entscheidungs-Checkliste

Antwortet ehrlich mit Ja/Nein – ab sieben „Ja“ in einer Spalte habt ihr eine klare Tendenz. Jede Aussage ist unten kurz erläutert.


Tendenz Inhouse

  1. Unsere Marke braucht feine Tonalitäts-Nuancen – interne Nähe erleichtert konsistente Sprache.

  2. Wir veröffentlichen häufig sensible oder regulierte Inhalte – direkte Kontrolle minimiert Risiken.

  3. Wir haben intern Ressourcen für Briefings, Freigaben und Content-Zulieferung – Prozesse bleiben schlank.

  4. Social ist dauerhaft strategisch – nachhaltiger Kompetenzaufbau lohnt sich.

  5. Wir wollen Community & Employer Branding kontinuierlich ausbauen – Beziehungen entstehen über Zeit.

  6. Wir können Weiterbildung & Tools budgetieren – Qualität bleibt aktuell.

  7. Wir akzeptieren eine längere Ramp-up-Zeit für Hiring & Onboarding – Geduld zahlt auf Eigenständigkeit ein.


Tendenz Agentur

  1. Uns fehlen Spezialist:innen (Paid, Video, Creator) – der Markt verlangt Tiefe.

  2. Wir brauchen schnell messbare Ergebnisse – Skalierung und Best Practices beschleunigen.

  3. Unser Output schwankt (Kampagnen, Saisonalität) – flexible Kapazitäten verhindern Engpässe.

  4. Wir wollen Benchmarks aus anderen Branchen – externe Sicht vermeidet Tunnelblick.

  5. Interne Stakeholder können kompakt briefen und zügig freigeben – Zusammenarbeit bleibt effizient.

  6. Budget ist vorhanden, aber Headcount begrenzt – Outsourcing schafft Spielraum.

  7. Wir wollen Risiko verteilen – kein Single Point of Failure mehr.

Häufige Fehler – und wie ihr sie vermeidet

Unklare Ziele: Wenn Reichweite, Leads und Recruiting gleichzeitig Priorität haben, verwässert die Wirkung. Beschränkt euch pro Quartal auf maximal zwei Primärziele.


  • Überladene Kanalstrategie: Auf allen Plattformen „irgendwie präsent“ zu sein, kostet Fokus. Gewinnt lieber auf ein bis zwei Kanälen sichtbar – und skaliert dann.

  • Fehlende Testkultur: Ohne Hypothesen entstehen keine Learnings. Plant Tests, Metriken und feste Retros ein.

  • Content ohne Distribution: Gute Inhalte brauchen Paid- und/oder Creator-Verstärkung, sonst bleiben sie unentdeckt. Plant Distribution von Beginn an ein.

  • Single Point of Failure: Wenn eine Person alles macht, sind Ausfälle kritisch. Setzt auf Backup-Regeln, Vertretungen oder ein Hybrid-Setup.

Fazit

Am Ende geht es nicht um die Frage „Wer postet schneller?“, sondern um Fähigkeitsaufbau, Risikomanagement und Wirkung pro eingesetztem Euro. Social Media ist heute ein Zusammenspiel aus Markenführung, Kreation, Distribution und Datenkompetenz. Eine einzelne Organisationsform deckt selten alles ideal ab.

Inhouse überzeugt, wenn feine Tonalitäten, sensible Inhalte und enge Abstimmungen gefragt sind. Dort entsteht kulturelle Tiefe, interne Akzeptanz und langfristiges Markenwissen. Gleichzeitig stößt ein „One‑Person‑Orchester“ schnell an Grenzen: Multichannel-Redaktion, Video, Paid und Analytics in gleichbleibender Qualität zu liefern, ist auf Dauer unrealistisch – Priorisierung wird zum Nadelöhr, Ausfälle werden zum Risiko.


Agenturen

bringen die notwendige Breite und Tiefe mit – von Bewegtbild über Creator-Programme bis zu Performance-Optimierung. Sie liefern Tempo, Benchmarks und skalierbare Produktionskraft. Ohne sauberes Briefing, klare SLAs und verlässliche Freigaben drohen jedoch Reibungsverluste; außerdem muss die Markenführung eng begleitet werden, damit die Tonalität stimmt und Budgets effizient wirken.


Darum gewinnt Hybrid in der Praxis: Wenn Markenführung & Prioritäten intern liegen und Produktion, Paid & Spezialthemen extern skaliert werden, verbinden sich die Vorteile beider Welten. Die Marke bleibt konsistent, Lernschleifen sind schneller, Kapazitäten sind variabel – und die Kosten pro Ergebnis (CPL, CAC, ROAS, Time‑to‑Content) werden planbarer. Ein Hybrid-Setup reduziert den Single Point of Failure, erhöht die Qualität der Experimente und macht die Organisation anpassungsfähig.


Empfehlung für den Einstieg:

Beginnt mit einer Agentur, die Setups, Workflows, Brand Voice, Tracking und Dashboards professionell aufbaut – und gleichzeitig den/die interne:n Social‑Media‑Manager:in rekrutiert, aufbaut und einlernt. Der Pfad „Shadow → Co‑Ownership → Own“ über 1–2 Quartale überführt Wissen strukturiert ins Unternehmen. Ergebnis: schnelle Ergebnisse jetzt und nachhaltige Eigenständigkeit später.


Worauf es bei der Entscheidung ankommt:

Phase eures Unternehmens (Aufbau, Skalierung, Reife), Regulierungsgrad und Reputationsrisiko, Content‑Geschwindigkeit, Kanalreife, Budget vs. Headcount, sowie die Dringlichkeit messbarer Ergebnisse. Wo mindestens zwei dieser Faktoren Richtung Tempo und Tiefe zeigen, ist ein Hybrid-Start praktisch immer überlegen.


Typische Risiken – und wie ihr sie vermeidet:

Unklare Ziele (maximal zwei Primärziele je Quartal), zu viele Kanäle statt Fokus, Content ohne Distribution, fehlende Governance (Rollen, Rechte, Freigaben), kein Nachfolgeplan. Behandelt die Agentur als Partner auf Augenhöhe, haltet Assets, Zugänge und SOPs im Unternehmen und dokumentiert Entscheidungen, um Abhängigkeiten zu vermeiden.

Messbar machen: Definiert vorab Zielmetriken pro Funnel‑Stufe (z. B. View‑Through‑Rate, Saves/Shares, Lead‑CPL, ROAS, Bewerbungen pro Monat, Time‑to‑Content). Legt fest, was ein Experiment zum Verdoppeln, Iterieren oder Stoppen qualifiziert. So schaffen Entscheidungen Klarheit – unabhängig von Bauchgefühl oder Kanal-Hype.